Wenn die Schluchten weichen

Titel_Schluchten

Fünf Frauen reisen auf die Insel Mallorca.

Annika, Silke, Selma und Wanda arbeiten in einem kollektiv geführten Frauenberatungsladen; Isabel und Annika wohnen gemeinsam in einer Wohngemeinschaft. Vierzehn Tage verbringen die Frauen auf der Insel, entdecken Dörfer, Städte und Landschaften, wandern, sitzen in Bars und diskutieren. Es ist, Ende der 70iger Jahre, die Zeit, in der keine Tabus und Konventionen gelten gelassen werden, in der alles besprochen und neu überdacht wird: Beziehungen zu Männern und zu Frauen, Liebe, Sexualität, Eifersucht und Gewalt, das Schreiben, Kunst, Literatur und Politik … Das Subjektive ist das Politische. Der Beginn einer Liebesgeschichte zwischen zwei der Frauen entzündet die Auseinandersetzung über Nähe und Distanz.

Es ist auch eine Reise in die Vergangenheit. In kurzen Rückblicken wird die Kindheit der fünf Frauen erzählt, ihre Entwicklung aus der Familie heraus, das Frau-Werden, der Eintritt in politische Bewegungen und schlieblich die Begegnung untereinander.

Sie sind unterschiedlichen Alters und sozialer Herkunft. Wanda und Selma sind noch im 2.Weltkrieg geboren und haben die unmittelbaren Folgen miterlebt. Annika kommt aus einfachen Verhältnissen und ist ein Kind der 50iger Jahre. Silke und Isabel wurden in die Wirtschaftswunder –Zeit hineingeboren, stammen aber aus unterschiedlichen Milieus. So wird auch deutsche Nachkriegsgeschichte erzählt, von unten und aus Frauen-Sicht.do

Die Frauen verkörpern ein Stück gelebter Emanzipation; sie sind erfüllt von der gemeinsamen Utopie nach Freiheit von Unterdrückung und Beschränkung als Frau. Aber an den Themen Liebe zu Frauen und/ oder zu Männern, Kinderwunsch, politisches Engagement und/ oder künstlerische Arbeit, werden sich ihre Wege trennen.

Roman
1. Auflage Hamburg, Buntbuch-Verlag, Hamburg 1982; 2.Auflage Hamburg, Rowohlt-Taschenbuch-Verlag.
Beide Auflage vergriffen; erhältlich über Antiquariate oder die Autorin
ISBN 3 499 156164

Leseprobe

1. Tag

Feinnieseliger Novembersonntag. Vorwiegend ältere Leute lassen sich von Taxen oder Angehörigen zum Flughafen bringen. Die Schlangen an den Schaltern wachsen kurzzeitig an, zerstreuen sich dann wieder. Durch die Schwingtür kommen zwei Frauen und zwei Männer, die Frauen tragen ihre Scheu ihre schweren Koffer selbst, die Männer halten ein paar Netze und Taschen in den Händen. Sie bleiben etwas unschlüssig in der Mitte der Halle stehen, die Frauen sehen sich um ruhig um. Die eine trägt dunkelblaue Cordjeans, die unten an den knöchern mit einem Gummiband zusammengezogen sind, so daß sie aussehen wie Pumphosen. Darüber eine dunkelgrünen, halblange Cordjacke mit Kapuze. Sie schiebt ihre Handtasche über die Schulter, streichelt sich die dunkelblaue Locken aus der Stirn. Die anderen sind noch nicht da, hoffentlich sind sie pünktlich. Sie drehte sich um zu ihrem Begleiter und wirft ihm einen traurigen, fragenden Blick zu. Der steht groß und steif steif neben ihr, drehte sich eine Zigarette und hält sie mit seinen Blicken fest.